Freiraum, Demokratiebildung und Partizipation: Fachtagung der Praxisprojekte im Mai 2023

Am 24. und 25. Mai fand im Landessportbund Hessen erneut eine Tagung im Rahmen des Jugendaktionsprogramms statt. Die durch die wissenschaftliche Begleitung organisierte zweitägige Veranstaltung sollte Möglichkeiten zum gemeinsamen Austausch und Arbeiten zwischen den Fachkräften der geförderten Projekte schaffen. Im Rahmen von Speed-Datings, Inputs und verschiedenen Gruppenarbeiten hatten die Teilnehmenden die Chance im Austausch über das eigene Projekt zu reflektieren und von den Erfahrungen ihrer Kolleg*innen zu profitieren.

Während der Tagung war durch genügend Pausen und reichliche Kaffee und Gebäck für das Wohl aller gesorgt. Der Aufbau der beiden Tage orientierte sich am Titel des Jugendaktionsprogramms „Zwischen Einbringen und Ausprobieren – Beteiligung und (Frei-)räume für Partizipation und Demokratie“.

Nach einer Begrüßung durch die wissenschaftliche Begleitung und des hessischen Ministeriums sind die Teilnehmenden durch ein Speed-Dating in den gemeinsamen Austausch eingestiegen. Dabei hatten sie die Gelegenheit einander und die Projekte ihrer Kolleg*innen besser kennenzulernen und über aktuelle Entwicklungen, aber auch Herausforderungen zu berichten. Nach diesem gemeinsamen Einstieg gab es ein gemeinsames Mittagessen bei dem zum Teil bereits anregte Gespräche über gemeinsame Erfahrungen fortgeführt worden.

Den restlichen Tag stand das Thema Freiraum im Mittelpunkt. In diesem Sinne wurde den Teilnehmenden freigestellt wo und in welcher Form sie die Arbeitsphase zum Thema Freiraum gestalten möchten. Egal ob beim Kaffee trinken, bei einem Spaziergang im Wald oder draußen in der Sonne sitzend, sollten sich die Teilnehmenden mit ihren Vorstellungen und Erfahrungen über Freiraum auseinandersetzen. Demnach wird Freiraum u.a. vor allem als ein Möglichkeitsraum verstanden, der offen für vielfältige Lebensentwürfe ist sowie Möglichkeiten zur eigenen Gestaltung aufzeigt, er wird aber auch mit Freiheit verbunden.  Es herrschte zudem Einigkeit, dass es eine Aneignung durch die Jugendlichen und einen gewissen Rückhalt durch Fachkräfte bedarf, damit gebotene Freiheit gelebt werden kann.  An diese und andere Gedanken schloss die Frage nach der Bedeutung von Freiraum für Partizipation an.  In diesem Verhältnis zeigt sich das nötige Vertrauen und die Bereitschaft der Fachkräfte (Gestaltungs-)Macht an die Jugendlichen abzugeben als zentral. Unter dem Anspruch von Freiraum und Partizipation müsse Jugendlichen auf Augenhöhe begegnet werden. Freiraum kann dabei Plattform zur Bedürfnisäußerung sein, ein Raum, in dem Jugendliche gehört werden und in dem gegenseitiges Lernen stattfindet.

Mit diesem Austausch endete der erste Tagungstag. Für alle Fachkräfte, die über Nacht geblieben sind, bestand die Möglichkeit zum gemeinsamen Abendessen und Ausklang des Tages.

 

Am nächsten Tagungstag ging es insbesondere um Demokratiebildung.  Als Input hielt Frau Dr. Helle Becker einen Vortrag zu Partizipation, Demokratiebildung und politischer Bildung und der Rolle der Jugendarbeit in diesem Kontext.  Im Anschluss an den Vortrag gab es Austausch zu den einhergehenden Herausforderungen für Fachkräfte mit dem Anspruch von Demokratiebildung. Insbesondere die Frage was als politische Themen der Jugendlichen gelte und wie jene niedrigschwellig erfahren werden können und welche Arbeitsschritte oder Dinge beachtet werden müssten, beschäftigten die Fachkräfte. Darauf aufbauen wurde im Laufe des Nachmittags im Rahmen eines World Cafés intensiv weiter über Demokratiebildung in den Projekten diskutiert.

 

Zum einen wurde sich weiter mit politischen Themen der Jugendlichen befasst und wie jene als Anlässe zur Demokratiebildung genutzt werden (können). Die Fachkräfte setzen hier insbesondere an den spezifischen Lebenssituationen der Jugendlichen an: Dazu zählen Erfahrungen im Sozialraum und der Öffentlichkeit wie etwa das Problem fehlender (Aufenthalts-)Räume von Jugendlichen. Aber auch Themen von Zukunftsängsten und das Gefühl unter Druck zustehen, sei es durch Erwartungen von außen oder medial vermittelten Idealen. Ebenso Thema sind Erfahrungen von Machtstrukturen in Form von Ungleichheit, Rassismus und Repression. Es zeigt sich eine Vielfalt von Themen, die für Jugendliche relevant sind und ihre Lebenssituation prägen und entsprechend als Ansätze für Demokratiebildung genutzt werden könnten.

Zu dem Impuls wo in den Projekten Demokratiebildung ermöglicht wird und welche konkreten Ansätze dabei verfolgt werden, wurden vor allem Interaktionssettings aufgegriffen. Jugendlichen wird der Raum gelassen eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellung offen zu äußern. Bei Entscheidungen wird mit den Jugendlichen in einen Aushandlungsprozess getreten. Die Fachkräfte versuchen insbesondere über selbstbestimmte, ergebnisoffene und prozessorientierte Planungsvorgänge in den Projekten Demokratiebildung zu verwirklichen.

Als herausfordernde Faktoren im Rahmen von Demokratiebildung verdichteten sich strukturellen Rahmenbedingungen wie Finanzen und Kooperationen, welche es erschweren, nötige Settings und Gegebenheiten zu schaffen, um mit den Jugendlichen demokratische Prozesse zu erproben. Eine weitere Herausforderung ist die Aushandlung eines gemeinsamen pädagogischen Verständnisses von Demokratiebildung und entsprechende Methodenkompetenz. Andererseits können auch die Gewinnung und Motivation von Teilnehmenden herausfordernd sein.  Als zentrale Hilfestellung in der Auseinandersetzung mit solchen herausfordernden Aufgaben und Fragen wurde der kollegiale Austausch und Unterstützung hervorgehoben.

Über den intensiven und vielfältigen Austausch und die Diskussionen hinweg, vergingen die beiden Tagungstage wie im Flug. Zum Ende der Tagung konnte sich die wissenschaftliche Begleitung über ein positives Feedback der Teilnehmenden freuen.  Besonders gelobt wurde die abwechslungsreiche Gestaltung der Tagung und die gelungenen Rahmungen für einen gewinnbringenden Austausch und Denkimpulse durch Kollegen und Kolleginnen.